Vom Vergessen der eigenen Grenzen oder auch der Kraft des Unbewussten

In meinem Februarblog hatte ich bereits erwähnt, dass bei mir eine Grönlandreise bevorstehen würde.

Davon habe ich schon viele Jahre geträumt. Zugegebenermaßen kann ich gar nicht so recht erklären, woher dieser Wunsch ursprünglich kam. Bestimmt war er auch von einer romantischen Vorstellung von der Landschaft, der Kultur und dem Leben der Inuit getragen.

Der Traum umfasste natürlich zum einen, die sicher beeindruckende Schneelandschaft Grönlands mitsamt der Gletscher zu bestaunen, aber auch ganz konkrete Vorhaben wie Snowmobiltouren, Inlandeiswanderungen, Hundeschlittenfahrten oder auch eine Übernachtung in einem ursprünglichen Iglu.

Gesagt getan. Hinter mir lag eine sowohl beruflich wie privat anspruchsvolle Zeit und ich belohnte mich mit der Erfüllung dieses Traums. Eine Woche Ilulissat. Allein. Keine Reisebegleitung, keine Reisegruppe. Just me, myself and I.

Der Zeitpunkt, an dem dieser Traum entstanden war, lag noch vor meiner Krebsdiagnose mit sämtlichen Behandlungen und Nebenwirkungen. Ich war rundum fit, sehr sportlich und strotzte sowohl körperlich als auch mental vor Kraft. Als ich mich nun, viele Jahre später, mit der Buchung der Reise nebst aller genannten Wunscherfüllungen befasste, geriet ich ins Schwärmen und buchte ein Element nach dem anderen. Ich packte munter alle aus meiner Sicht notwendigen Habseligkeiten und Ausrüstungsgegenstände ein und zog los.

In Grönland angekommen, alle Straßen voller Eis und Schnee, Propellermaschinen mit wenig Platz, teilweise bis zu minus 27 Grad Tagestemperaturen, ließen mich rasch spüren, dass ich vor vielen Jahren fit genug gewesen sein mag. Aber jetzt? Ich stieß unmittelbar an meine körperlichen Grenzen. Mein Rucksack war gefühlt viel zu schwer. Auf dem ersten längeren Fußmarsch sackte ich teilweise bis über die Knie im Schnee ein und hatte bei der Fortbewegung mit Gleichgewichtsstörungen, meiner Polyneuropathie in den Füßen und somit einem ohnehin schon unsicheren Gang sowie Muskelkrämpfen zu kämpfen.

Es folgten die ersten mentalen Zweifel. Welcher irre Gedanke hatte mich nur getragen, mir diese Reise zuzumuten? Wie konnte ich mich und meine Kraft derart überschätzen? Und dann auch noch allein reisen? Keine über meine persönlichen Ängste und Zweifel informierte Begleitung! 

Was tun? Wie sollte ich denn die Hikingtouren meistern? Das Gewicht meines Gepäcks? Die Snowmobiltour? Und: Wie bitte schön sollte ich durch die Kälteschwelle in das gefühlt viel zu kleine Iglu gelangen und vor allen Dingen morgens wieder raus? Und das mit den morgendlichen Gleichgewichtsstörungen, den erheblichen und üblichen Muskelkrämpfen und vor allen Dingen meiner Panik in engen Räumen? Sollte ich eine Woche im Zimmer bleiben und Bücher lesen? Hatte ich dafür den weiten Weg auf mich genommen?

Selbst schuld. Denken Sie jetzt sicher. Stimmt.

Was also tun?

Aufgeben kam für mich nicht in Frage. Das war noch nie mein Weg. Also legte ich mir eine neue Strategie zurecht:

Die Ziele in kleinere Schritte herunterschrauben. Also nicht die ganze Woche auf einmal und im Ganzen betrachten, sondern immer nur Tag für Tag und Unternehmung für Unternehmung. Jede Aktion, die mir gelang, ging auf mein „Klasse. Das habe ich geschafft. ICH. – Konto“. Sie können sich gar nicht vorstellen, wie gut sich das angefühlt hat.

Wenn ich Schwächephasen hatte, blieb ich einfach stehen. So lange wie es eben dauerte. Und genoß die Landschaft, die Eindrücke oder führte ausgiebige Gespräche mit Einheimischen oder anderen Touristen. Diese willkommenen Pausen haben mir sehr gut getan und ich konnte so nicht nur Kraft schöpfen, sondern auch noch Gedanken austauschen und Eindrücke erweitern und vertiefen. Dabei habe ich sogar tolle Kontakte geknüpft und Adressen für die nächsten Reisen ausgetauscht. War das herrlich! Übrigens führte diese Methode automatisch zu meiner Entschleunigung. 

Außerdem habe ich etwas ganz Verrücktes gemacht: Ich habe fremde Menschen um Hilfe gebeten. WOW! Gar nicht schwer. Egal ob es darum ging, mir dabei zu helfen, die Spikes anzuziehen oder sonstiges. Einfach fremde Menschen ansprechen. Es war ganz leicht und hat sich gar nicht schwach angefühlt. Im Gegenteil. Und wieder ergaben sich wundervolle Gespräche und sogar die Möglichkeit, umgekehrt eine Hilfestellung zu gewähren. Auch andere Reisende haben ihre persönlichen Herausforderungen zu bewältigen. 

Bei dieser Gelegenheit wurde mir auch bewusst, dass nicht nur ich in meinem eigenen Universum spezifische Sorgen, Herausforderungen und sogar Ängste hatte und in einem Tunnel gefangen war, sondern auch deutlich jüngere und fittere Reisende ihre eigenen Themen ebenfalls mitnehmen und Unterstützung benötigen können. Das hat mich streckenweise überrascht und mir den Kopf noch mal ordentlich gerade gerückt. Nicht selten dachte ich: „Wie – Du auch…?“ So haben wir uns dann zusammengeschlossen. Jede:r mit seinen eigenen Kompetenzen und gemeinsam, in Ergänzung zueinander voller Vertrauen, waren wir stark. 

Und letztlich habe ich für mich eine Erkenntnis gewonnen und mitgebracht:

Es gab Momente, in denen war ich schlichtweg zu müde, um gegen meine persönlichen Grenzen anzugehen. Aus purer Müdigkeit habe ich dann den Kopf abgeschaltet und einfach gemacht. „Es“ einfach getan. Und wissen Sie was? Es lief wunderbar und reibungslos. Dabei kam mir der Gedanke, dass mein Unterbewußtsein vielleicht gar nicht wusste, dass ich ein Handicap habe und somit keine Einschränkung ersichtlich war.

Was wäre also, wenn der Körper gar nicht wüßte, was er nicht mehr kann? Wenn er aus der Erinnerung heraus einfach abliefert? „Es“ einfach macht?

Das hat tatsächlich funktioniert. Je weniger Gehör ich meinen Einschränkungen und Sorgen geschenkt habe, um so einfacher haben die Dinge funktioniert. 

Ich habe meinen Körper also schlichtweg nicht darüber informiert, was nicht geht.

Na klar. Ich weiß, dass das nicht mit allen Einschränkungen funktionieren wird. Und sicher war ich dennoch etwas ungelenk und steif. Aber ich habe mir vorgenommen, öfter mal den Kopf auszuschalten, meiner Intuition zu folgen und meinen unbewussten Prozessen zu vertrauen.

Sagen Sie sich nicht, was Sie nicht können. Solange Ihre Intuition davon überzeugt ist, dass es funktionieren wird, funktioniert es auch!

Also: Was ist Ihr längst überfälliger und noch unerfüllter Traum?

Go for it,

Ihre Krisenmanagerin

Krisen- & Konfliktmanagement - von der Bedeutung einer Auszeit

Wer mich kennt, weiß, dass ich mit sehr viel Energie, Leidenschaft und Herzblut meiner Aufgabe in der Begleitung und Unterstützung von Krisen und Konflikten nachkomme. Als ich mich selbständig machte, lass ich in vielen Büchern und hörte auch bei vielen Vorträgen den Hinweis, dass Selbständigkeit viel Disziplin erfordere. Die Disziplin, zu arbeiten und konsequent seine Aufgaben zu erledigen. Bei mir ist es genau umgekehrt. Ich bin derart leidenschaftlich bei der Sache, dass ich die Disziplin benötige, einen Punkt zu setzen, ein Ende zu finden und die Freizeit einzuläuten.

Neben meiner Leidenschaft für das genannte Thema bin ich mehrere Stunden in der Woche im Ehrenamt aktiv, bilde mich weiter, bin Palliativpatientin mit regelmäßigen lebenserhaltenden Behandlungen und lebe in einer glücklichen Beziehung. Offensichtlich habe ich – so mein Freundeskreis und meine Kunden – viel Energie.

Meinen Alltag erfülle ich mit großer Dankbarkeit und Demut. Ich freue mich über das in mich gesetzte Vertrauen und bin glücklich und erfüllt, wenn ich meine Kunden unterstützen konnte. Natürlich erlebe ich in den begleiteten Konfliktsituationen zuweilen starke Emotionen und höre auch erschütternde Situationsbeschreibungen. Und das fast jeden Tag. 

Um hier wirksam sein und bleiben zu können, ist es aus meiner Sicht absolut entscheidend, mit der eigenen Energie zu haushalten. Ansonsten geht die Puste aus, das aktive Zuhören gelingt nicht mehr, man kann sich nur schwer einfühlen und die Unterstützungsqualität lässt nach oder sinkt auf Null. Das ist alles, aber sicher weder gesund noch professionell. Zu einem guten Krisen- und Konfliktmanagementberater gehört in meinen Augen eine mindestens ebenso gute Resilienz- und Energiestrategie.

Oft werde ich gefragt, wie ich damit haushalte und was ich tue, um in meiner Kraft zu bleiben. Darüber musste ich tatsächlich aktiv nachdenken und reflektieren, da mir die Antwort nicht leicht fiel. Schließlich empfinde ich ja keinen Energiemangel. Bei näherer Betrachtung sind mir aber verschiedene Aspekte eingefallen, von denen ich Ihnen hier drei vorstellen möchte. 

Alle drei Varianten haben einen gemeinsamen Nenner: Es sind Auszeiten, bei denen ich abschalte.

Aber im Einzelnen:

Zunächst hilft es mir, mir immer wieder bewusst zu machen, dass es nicht meine Probleme oder Herausforderungen sind, sie „gehören“ mir nicht, sondern den jeweils anderen Menschen. Ich mache mir selber immer wieder klar, dass ich alles in meiner Kraft stehende getan habe, um Besserung herbeizuführen. Es ist „deins“ und nicht „meins“. Ich fühle mit, aber ich leide nicht mit. Das ist für mich ein großer Unterschied, der dazu führt, dass ich die Ereignisse und die entsprechenden Eindrücke in der Regel nicht mit nach Hause nehme. 

Ein weiterer Weg des Abschaltens ist die Ausübung eines meiner Hobbies: Theater spielen. Egal ob klassisch oder Improvisationstheater. In den Proben und auf der Bühne schlüpfe ich in andere Rollen und kann es mir gar nicht erlauben, an etwas anderes zu denken als an den gelernten Text und das einzuübende Theaterstück. Ich tauche ab. Beim Improvisationstheater wird dies noch mit einer ordentlichen Prise Humor und Leichtigkeit gewürzt, was mich besonders stark aus dem Alltag holt.

Und schließlich eine meiner Lieblingsvarianten: eine Woche allein im Urlaub. Da lasse ich mich treiben, folge meinem Flow, tue ausschließlich, was ich möchte und tappe nicht in die Falle zu überlegen, womit ich meiner Reisebegleitung einen Gefallen tun könnte. An so mancher Wegkreuzung habe ich nach Gefühl entschieden, ob ich lieber links oder rechts abbiegen möchte. 

Ich bin auf mich allein gestellt, lerne leichter Einheimische und fremde Kulturen kennen, komme bei mir an. Faktisch kann ich sagen, dass ich hierbei einen viel besseren Zugang zu meinen verborgenen Wünschen erlange, Dinge verarbeite, Wünsche und Ziele klar umreiße und mich jenseits potenzieller Verpflichtungen und Verbindlichkeiten noch freier fühle.

Dieses unglaubliche Leichtigkeitsgefühl wirkt auf mich berauschend. Und es hält nachhaltig an.

Während ich im vergangenen Jahr allein eine Woche in den Rocky Mountains in Colorado unterwegs war, werde ich dieses Jahr eine winterliche Auszeit in Westgrönland nehmen. Eine Woche Schnee und Eis, soweit das Auge reicht, wenig Menschen, viel Landschaft und die Erfüllung einiger meiner persönlichen Bucketlist – Träume: Hundeschlitten, Snowmobil, Polarlichter, eine Übernachtung im Iglu und einiges mehr. Ohne Reisegruppe. Nur ich. Ich werde mich inspirieren lassen, entspannen und Zeit mit dem Menschen verbringen, mit dem ich untrennbar verbunden bin: mit mir.

Alle drei Varianten handeln von einer Auszeit. Einer Auszeit von Kopfkino, Verpflichtungen und dem Blick auf die Uhr. Das ist für mich Freiheit und Energie auftanken pur.

Und die Wirkung? Dadurch, dass mein Gehirn nicht in Verpflichtungsstrukturen, Aufgabenerledigungen oder Terminen denkt, hat es Zeit für eine Pause. 

Die Urlaube gehen bei mir in der Wirkung noch weiter: Mein Unterbewusstsein hat eine Chance, sich zu Wort zu melden, mir als innerer Wegweiser zu dienen und Eindrücke sowie Erfahrungen aus krisenbehafteten Interventionen gut und anstrengungslos zu verarbeiten. Mir persönlich ist es dabei wichtig, insbesondere Ziele mit viel Natur auszuwählen, also keine Städtetrips, damit ich meinen Blick schweifen lassen und innere Impulse ungestört hören kann. Übrigens achte ich dabei darauf, Unterkünfte zu wählen, die keinerlei Erinnerung an Dienstreisen wecken. 

Wie tanken Sie auf? Welche Strategie hilft Ihnen?

Ich bin gespannt auf Ihre Rückmeldungen.

Go for it, Ihre Krisenmanagerin

Diesen Sommer habe ich mich auf eine Entdeckungsreise durch das wunderschöne, seinem Namen alle Ehre machenden, Colorado gemacht. 

Dabei bin ich die höchste asphaltierte Straße Colorados gefahren. Was für ein Erlebnis! Landschaftlich, fahrtechnisch, insgesamt. Beeindruckende Ausblicke, viele Wildtiere und eine wundervolle Eis- & Schneelandschaft.

Diese asphaltierte Straße, die mir bei der Einfahrt in den Naturpark voller stolz angepriesen wurde, war buckelig und voller Schäden. Teilweise voller derart extrem tiefer Schlaglöcher, dass man so weit an den Straßenrand ausweichen musste, dass die begründete Sorge bestand, abzustürzen. Denn – richtig – die Hänge waren nicht gesichert. Die Strecke war steil und kurvig. Immer wieder kamen einem Autos von für diese Straßenverhältnisse ungeheurer Breite entgegen. Es gab sie auch hier – die unangemessenen Raser. Aber auch die übervorsichtig, langsam fahrenden Autos. Sogar Radfahrer waren unterwegs. Ich habe diesbezüglich regelmäßig zwischen Bedauern und Bewunderung geschwankt.

Auch Herden von Bergziegen oder Murmeltiere kreuzten meinen Weg, dies gern hinter Kurven.

Sie können sich vorstellen, dass Vorsicht geboten war. Die Fahrt erzeugte wechselnde Emotionen von Begeisterung, Anstrengung, Faszination und zugegebenermaßen auch Kick.

Warum schreibe ich Ihnen das?

Auf dem von mir gefertigten Foto sehen Sie eine bevorstehende Kurve. Die Straße führt hier gewissermaßen ins Ungewisse. Klar weiß ich, dass sie weiterführen wird. Aber in welcher Form und in welchem Zustand: das wusste ich nicht. Auch nicht, was mich dahinter erwarten würde. Und ich wusste zu keinem Zeitpunkt, wann die Straße am Ziel endet.

Das erinnerte mich in dem Moment an das Leben. Wir alle haben regelmäßig mit Unwägbarkeiten zu tun. Es gibt sie: die Auf`s und Ab`s. Manchmal ist es ruckelig, manchmal fühlen wir uns nah am Abgrund ohne Sicherung. Und gleichzeitig gibt es diese begeisternden Momente. Wundervolle Begegnungen, beeindruckende Erlebnisse, Glücksmomente. Es gelingt einfach alles mit gefühlter anstrengungsloser Konzentration. Häufig überholt uns sinngemäß auch ein Radfahrer zwar mit Anstrengung, aber doch offensichtlich hoch motiviert und aus unserer Sicht mit einer Aura von Beschwingtheit. Wir sind dann möglicherweise fasziniert, mit welcher Leichtigkeit diese das Leben zu meistern scheinen.

Und wie oft wissen wir nicht, wie es weitergeht?

Wie oft fahren wir auf Sicht?

Und wie oft sehen wir vor uns eine Kurve und wissen nicht, was dahinter auf uns wartet?

Und irgendwie geht es also offensichtlich immer weiter.

Irgendwie.

Unsere Strategie dabei? Wir passen das Material an, steigen also vom Fahrrad auf das Auto um oder gehen sogar ein Stück zu Fuß. Vielleicht legen wir auch eine Verschnaufpause ein. Für bestimmte Passagen suchen wir uns Wegbegleiter, manche Streckenabschnitte gehen wir allein. Und schauen voller Stolz auf den bereits gemeisterten Weg zurück.

Und wenn wir eine Kurve vor uns sehen, nehmen einige von uns Schwung, andere halten einen Moment inne, holen tief Luft und ziehen dann weiter. Vielleicht gibt es auch einen Alternativweg, den Plan B. 

Sicher ist, dass wir auch hinter der Kurve nicht allein sein werden. Auch dort sind sie: die anderen Autofahrer, Radfahrer oder Wanderer. 

In Colorado. Dort auf der Straße. Irgendwo im Nirgendwo. Wissen Sie was? Ich war zwar allein unterwegs, aber ich fühlte mich gar nicht allein. Die meisten anderen Menschen dort haben aufeinander Rücksicht genommen und sich gegenseitig unterstützt sowie ihre Hilfe angeboten, wenn dies notwendig erschien. Niemand hat gehupt oder sich aufgeregt.

Wenn wir auch hier eine Analogie zum Leben schaffen wollen, dann würde das bedeuten, dass wir unserer Unterschiedlichkeit Rechnung tragen, dass wir akzeptieren, dass jeder Mensch einen individuellen Umgang mit Herausforderungen hat und vor allen Dingen, dass wir ein Auge aufeinander werfen, uns gegenseitig unterstützen und Rücksicht nehmen.

Jeder von uns hat eine eigene Persönlichkeit und schaut auf prägende Ereignisse im Leben zurück. Jeder Mensch hat seine eigene Geschichte. Wer sind wir, wenn wir diese nicht akzeptieren, respektieren und ihr wertschätzend begegnen?

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen eine besinnliche Vorweihnachtszeit.

Go for it, go for your goal.

Ihre Krisenmanagerin

Kennen Sie diesen Spruch „lebe jeden Tag, als wäre es Dein letzter“ auch? Ich frage mich immer wieder, wie das gehen oder konkret aussehen soll. Wie fühlt sich denn ein letzter Tag an? Haben Sie sich schon mal gefragt wie das geht?

Seit 8 Jahren befinde ich selber mich im Palliativstatus. Regelmäßig werde ich gefragt, ob ich denn nun etwas an meinem Leben oder meiner Lebensführung geändert hätte. Sicher hätte ich selbiges doch auf den Kopf gestellt. Meine Antwort? Nein.

Dabei bin ich mir gar nicht sicher, ob meine kurze Antwort stimmt. Faktisch habe ich nichts geändert. Ich bin immer noch glücklich verheiratet, lebe meine Hobbys und Interessen und gehe meiner Berufung nach: dem Krisen- & Konfliktmanagement. Nach wie vor nimmt Letzteres circa 80 Wochenstunden ein und ich gehe darin auf.

Weiterhin verbringe ich meine Zeit mit Freunden, im Garten, bei meinem Ehrenamt im Theater oder auch allein. Und genieße mein Leben. Wie vorher. Ich verbiete mir nichts und gönne mir vieles. Somit habe ich zumindest faktisch also nichts geändert.

Aber lebe ich jeden Tag, als wäre es mein letzter? Nein.

Ich weiß auch gar nicht, wie das geht. Wüßte ich, dass morgen mein letzter Tag wäre, wäre ich vermutlich derart überfordert mit der Frage, was ich denn nun mit dieser geschenkten und gleichzeitig begrenzten Zeit machen könnte, dass ich relativ untätig bliebe. Vermutlich würde ich mir einen Kaffee nehmen, mich aufs Sofa setzen und warten. Oder noch schnell die Wäsche zusammen legen? Vielleicht ein paar Notizen für meine Lieben machen? Das eine oder andere Telefonat führen? Meinen Herzensmenschen meine Liebe bekunden? Keine Ahnung.

Was macht man an so einem Tag?

Oder ist diese Aussage anders gemeint? Habe ich vielleicht doch etwas an meinem Leben geändert? Vielleicht ist ja auch gar nicht unbedingt etwas Faktisches gemeint, sondern eher die Lebenseinstellung beziehungsweise meine Haltung?

Beispielsweise gehe ich nie im Streit ins Bett. Ich fahre auch nicht auf eine Dienstreise, ohne dass zu Hause „alles gut“ ist. Über viele Dinge, die mich früher genervt oder gestresst haben, rege ich mich auch nicht mehr auf. Ist das gemeint? Oder hat das mit meinem Alter und meiner Lebenserfahrung zu tun?

Seit jeher bin ich ein Mensch, der sehr aktiv ist, intensiv lebt, vieles ausprobiert und mutig sowie positiv nach vorn geht. Das ist nicht neu. Bin ich diesbezüglich vielleicht bewusster geworden?

Bestimmt kann ich mich nun besser in Krisensituationen anderer Menschen einfühlen. Habe ein neues oder erweitertes Bewusstsein. Aber kennzeichnet das meinen letzten Tag? Mein „neues“ Leben? Ich glaube nicht.

Vielleicht ist dieser Spruch auch schneller daher gesagt als durchdacht?

Wenn ich mir jeden Tag vorstellen soll, dass dies mein letzter sein könnte, den ich nun also genießen soll… möchte ich regelmäßig mit der Endlichkeit konfrontiert werden? Ist es nicht schöner, einfach sein Leben zu genießen mit Allem, was dazu gehört, also auch Höhen und Tiefen? Die Wellen der Emotionen zu surfen? Oder ist es genau das, was damit gemeint ist? 

Also wenn dem so ist, dann tue ich das: ich lebe jeden Tag, als wäre es mein letzter. Aber dieser Spruch fühlt sich für mich immer noch komisch an. Und ich bin davon überzeugt, dass den jemand erfunden haben muss, der sich noch nicht intensiv mit dem Tod auseinander gesetzt hat.

Aber jetzt fällt es mir ein. Eine Sache hat sich doch geändert. Ich bin dankbarer und demütiger geworden. Dankbar für mein Elternhaus, meine Lieben, mein Leben und mein Glück. Und demütig. Vor genau denselben Dingen. Und dem Leben.

Haben Sie auch schon einmal über den Spruch „Lebe jeden Tag, als wäre es Dein letzter!“ nachgedacht und sich gefragt, wie das geht? Welche Ideen sind Ihnen dazu gekommen?

Ich freue mich auf Ihre Nachricht.

In diesem Sinne,

Go for it, Ihre Krisenmanagerin

Die Methode des „aktiven Zuhörens

Seien wir ehrlich: Was haben Sie gedacht, als Sie die Überschrift zu diesem Blogartikel gelesen haben? „Schon wieder „aktives Zuhören““? Oder „Was für ein alter Hut!“. Vielleicht auch „Kenne ich schon, habe ich schon zig Mal in Schulungen gehört.“?

Ich bin davon überzeugt, dass Ihnen diese Methode bereits in einigen Schulungen zum Thema Kommunikation begegnet ist. Wahrscheinlich haben Sie auch schon an Gruppenübungen dazu teilgenommen, fanden es vielleicht interessant. Aber nach wie vor gibt es in Ihrem privaten und beruflichen Leben kommunikative Missverständnisse, vielleicht auch hierauf basierende Streitigkeiten und Konflikte und nun wünschen Sie weitere und vor allen Dingen neue Inhalte und Hinweise zur Vermeidung eben dieser?

Damit sind Sie nicht allein.

Egal in welchem Kontext ich unterwegs bin: seien es Kommunikations-, Verhandlungs- oder Konfliktmanagementworkshops, Mediationen, Konfliktmoderationen oder Strategiemeetings auf höchster Hierarchieebene – immer wieder begegnen mir Kommunikationsmissverständnisse und nicht selten ist deren Auflösung der erste Schritt zur Lösung der konfligierenden Situation, zur Erreichung eines kooperativen Ergebnisses oder auch einer höheren Performance und Zielerreichung.

Braucht es denn nun wirklich neue Methoden und Ansätze? Sollten wir hier das Rad neu erfinden?

Ich bin ein Freund von Weiterentwicklung und auch Vereinfachung im Umgang miteinander. Allerdings meine ich auch, dass wir doch zunächst einmal genau die Methoden, die wir schon so häufig gehört haben, auch in der Praxis anwenden sollten.

Und genau da hakt es in 99 % aller Situationen, die mir in meinem Berateralltag begegnen.

Die erste Stufe des „aktiven Zuhörens“ ist die des „Zuhörens“. Das wissen Sie, denn Sie kennen diese Methode. Aber wie oft tun Sie genau das? Zuhören. Hierbei handelt es sich nicht allein um den akustischen Vorgang des Zuhörens, den wir mit Blickkontakt, Aufmerksamkeit und „sozialem Grunzen“ wie der Verlautbarung von „mh“ oder „ja“ bestätigen und dokumentieren. Nein. Diese Stufe geht darüber hinaus.

„Zuhören“ bedeutet auch, uns konzentriert gedanklich auf unser Gegenüber zu fokussieren. Reflektieren Sie bitte einmal aufrichtig Ihre Gesprächssituationen: Wie oft hören Sie Ihrem Gegenüber zu, ohne gleichzeitig an einer passenden Erwiderung „zu basteln“, sich den nächsten argumentativen Schritt zu überlegen oder auch sich innerlich und gedanklich über den anderen zu wundern, zu ärgern oder was auch immer?

Und genau dann, wenn wir in Gedanken bereits den nächsten Schritt überlegen, tun wir eins nicht: Zuhören.

Dadurch verpassen wir konkrete Aussagen, Zwischentöne und vor allen Dingen so wichtige Elemente der Bedürfnisebene unseres Gegenübers, die eine Nachfrage erforderlich machen, einer Klärung bedürfen oder auch wichtige Informationen beinhalten, die eine missverständnisfreie und kooperative Kommunikation erst ermöglichen.

Aufmerksamkeitsfokussiertes Zuhören ist anstrengend und fordert unsere gesamte Konzentration. Das gelingt uns demzufolge tatsächlich nicht durchgängig. Aber wenn wir uns über dieses Defizit in unserer Kommunikation bewusst sind, können wir die Methode des „aktiven Zuhörens“ in bestimmten Situationen konkret und gezielt einsetzen. Lassen Sie sich von dem Erfolg überraschen. Vielleicht ist das „aktive Zuhören“ dann für Sie in der Theorie immer noch ein „alter Hut“, in der Praxis jedoch ein frischer und neuer Schritt auf dem Weg zu einer guten Kommunikation.

Ich bin gespannt auf Ihre Rückmeldungen und Erfahrung. 

Bis dahin,

Go for it

Ihre Krisenmanagerin