Immer wieder werde ich gefragt, was mich dazu veranlasst hat, meinen gut bezahlten, sicheren Job als angestellte Rechtsanwältin in einer Bank aufzugeben, um mich selbstständig zu machen. Viele meiner Gesprächspartner empfinden diesen Schritt als mutig.
Es überrascht wenig, wenn ich entgegne, dass ich die getätigte Kündigung gar nicht als mutig, sondern vielmehr als konsequent bezeichne. Aber wie kam es denn dazu?
Nun ja, sicher müsste ich weiter ausholen, um Gedankengänge und Sehnsüchte meinerseits nachvollziehbar zu machen, aber darum soll es in diesem Blogartikel nicht gehen und ich möchte auch nicht langweilen. Worum soll es dann hier gehen? Um den letztlichen Impuls, diesen Schritt während der Finanzkrise im Jahr 2008 zu vollziehen.
Natürlich wusste ich damals, dass ich gutes Geld in einer sicheren Anstellung verdiente und gleichzeitig hatte auch diese Medaille zwei Seiten: ich fühlte mich einfach nicht wohl. Weder war ich meinen persönlichen Stärken entsprechend eingesetzt noch passte ich mit meiner Persönlichkeit in die Welt der internen Bankenstrukturen.
Lange schon hatte ich überlegt, was eine Alternative sein könnte, aber mir fiel so gar nichts ein. Mir fehlte der Zugang zu meinen Ressourcen und vor allen Dingen Wünschen. Ich wusste nur, was ich nicht mehr wollte. Und so blieb ich.
Bis es dann passierte (Achtung – jetzt könnte es aus Ihrer Sicht abstrus werden ;-) ):
Kennen Sie das? Sie träumen nachts derart intensiv, dass Sie morgens aufwachen und nicht sicher wissen, ob es sich bei dem Erlebten um einen Traum oder die Realität gehandelt hat? Oder der Traum war derart intensiv, dass Sie die damit verbundenen Gefühle nicht einfach so abschütteln oder abduschen können? Genau so war es bei mir.
In meinem Traum rannte nachts eine Giraffe durch unser Wohnzimmer und rief mir zu „go for it, go for your goal“. Dabei war der Traum von einer derartigen Intensität, dass ich nach dem Aufwachen zwar wusste, dass die Giraffe niemals in Realität durch unser Wohnzimmer gerannt sein konnte. Gleichzeitig hatte sie mich aber mit ihren Worten komplett in ihren Bann gezogen und irgendetwas in mir getriggert.
Ich berichtete meinem Mann beim Frühstück von meinem Traum und er fragte mich, was ich denn nun zu tun gedenken würde. Meine Antwort sprudelte völlig enthusiastisch und unreflektiert aus mir heraus: „Ich werde noch heute bei der Bank kündigen!“. Gesagt, getan. Ich formulierte das Kündigungsschreiben und legte es meiner Vorgesetzten vor. Sie schaute mich entsetzt oder auch überrascht an und sagte sofort: „Das ist hoffentlich nicht das, was ich befürchte?“ Und ich antwortete: „Doch.“ Sie fragte mich, wie ich dazu käme und so berichtete ich ihr strahlend und völlig überzeugt von der Giraffe. Kopfschüttelnd meinte sie nur: „Sie sind ja verrückt. Na ja, Reisende soll man nicht aufhalten.“
Und so war ich am 2. Januar 2009 selbstständig.
Nun fragen Sie sich vielleicht, ob ich direkt wusste, womit ich mich selbstständig machen würde? Nein, das wusste ich zu dem Zeitpunkt noch nicht. Ich war mir nur sicher, dass es der logische und richtige Schritt sein musste und sich der Rest finden würde. Auf einmal hatte die Medaille für einen kurzen Moment nur noch eine Seite.
Es hat noch ein paar Monate gedauert. Ich befasste mich mit meinem USP, meinen Leidenschaftsthemen, fragte nach meinen Stärken und Fähigkeiten. Und heraus kam das Krisen- und Konfliktmanagement. Der Umgang mit schwierigen Situationen und/oder Personen. Voilà: Seither ist das mein Schwerpunkt und ich gehe darin auf, brenne dafür. Jeden Tag und jeden Moment.
Übrigens stellte ich rückblickend fest, dass die Giraffe in der Lehre der „Gewaltfreien Kommunikation“ nach Marshall Rosenberg das Symboltier für konfliktfreie Kommunikation ist. Das wusste ich vorher nicht. Und Giraffen hatten bislang auch keine Rolle in meinem Leben gespielt. Der Traum hielt also auch diesbezüglich eine Antwort für mich bereit.
Wofür erzähle ich das? Unser Unterbewusstsein, unsere unbewussten Prozesse, wissen mehr, als wir logisch denken und müssen nur gehört werden. Das kann man lernen. Und die Visualisierung – wie bei mir der Traum – öffnet sämtliche Türen zu ihnen.
Das ist auch der Grund, warum ich mir von einer kundenseitigen Gratifikation den – damals nannte ich es so – „Luxus“ gegönnt habe, den Traum von einer Malerin in meiner Lieblingsfarbe grün auf 1,5 mal 2 Meter Leinwand malen zu lassen. Dieses Kunstwerk hängt seither gegenüber von meinem Schreibtisch. Wann immer es in meinem Leben seitdem mal etwas holpriger wurde oder größere Entscheidungen anstanden, ertappte ich mich dabei, „gedankenverloren“ auf diese Leinwand zu starren, um zu einer Antwort oder einem Lösungsweg zu gelangen.
Und nun wissen Sie auch, warum ich Sie regelmäßig – und so auch hier und jetzt – mit folgenden Worten vollen Herzens verabschiede:
Go for it,
Ihre Krisenmanagerin