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Möglicherweise wundert Sie der Titel meines Blogartikels und Sie fragen sich: Was kann ich denn von den Amerikanern bitte lernen? Vielleicht stehen Sie auch den Amerikanern aus verschiedenen Gründen – beispielsweise aus politischen – mehr als kritisch gegenüber?

So geht es mir auch. Auch ich weiß, dass nicht alles Gold ist, was glänzt und selbstverständlich sehe ich auch die vielen Contra Argumente oder auch Schattenseiten.

Seit meines ersten Austauschsemesters als Exchange Student 1998 in San Diego, habe ich sicher auch einen romantischen Blick auf viele Dinge, der mich regelmäßig dazu verleitet, trotz aller Kritikpunkte die USA zu bereisen. So auch dieses Jahr. Ich habe zwei Wochen lang das wunderschöne Colorado bereist und durfte wiederholt intensive Erlebnisse genießen und Eindrücke sammeln.

Dabei fiel mir wieder einmal auf, dass wir trotz aller Kritik auch etwas von den Amerikanern lernen können.

Dazu eine Geschichte.

Ich war allein mit einem Leihwagen im Südwesten unterwegs, als einer meiner Reifen plötzlich Luft verlor. Mitten im Canyon. Mein Handy war nicht im Internet, da mir dank meines in Europa so großartigen Handyvertrages die Möglichkeit genommen war, in den USA einen Surf & Travel Pass zu buchen. Klar hätte es auch andere Möglichkeiten gegeben, aber ich wollte diese Situation als Zeichen sehen und die internetfreie Zeit genießen. Bislang war ich in den Staaten auch noch zu keinem Zeitpunkt in Schwierigkeiten gewesen, die eines internetfähigen Handys bedurft hätten.

Nun war ich also im Canyon und verlor vorne rechts aus dem Reifen Luft. In 23 Meilen war der nächste Ort: Montrose, wo ich ein Motelzimmer hatte. Mein Plan war, so lange langsam zu fahren, wie es der Reifen zulassen würde, um möglichst nah zu meinem Motel zu gelangen. Das klappte nicht ganz, aber immerhin konnte ich 7 Meilen vorher einen Walmartparkplatz ansteuern, wo ich mich insgesamt wohler fühlte, als allein im Canyon.

Kurz später war der Reifen platt. Ich versuchte, telefonischen Kontakt mit meinem Autoverleiher in Denver aufzunehmen. Ohne Erfolg. Nun stand ich da.

Ich ging in den Walmart und sprach eine Mitarbeiterin auf mein Dilemma an. Sofort holte sie eine junge Kollegin dazu, die nicht zögerte und mit ihrem Handy eine Telefonnummer für den ortsansässigen Autoverleiher heraussuchte und mir die Möglichkeit gab, dort vorzusprechen.

Ganz schön kompliziert. Es wurde die konkrete Walmartadresse aus Montrose angefragt (es gibt nur einen Walmart in Montrose und der Autoverleiher ist 2,5 Meilen entfernt). Ohne gäbe es keine Schadensanfragemöglichkeit. Ok. Wir beschafften die Adresse. Nächstes Problem: sie benötigte meine Handynummer. Ich gab sie ihr, aber es geht „natürlich“ nur eine amerikanische, keine deutsche. Woher sollte ich eine amerikanische Nummer nehmen? Nach einigem Hin- & her begriff sie das Problem und akzeptierte die deutsche Nummer. Der AAA (amerikanischer Automobilclub, vergleichbar mit dem ADAC) würde innerhalb der nächsten Stunde kommen, ich solle warten und mein Handy lautgeschaltet lassen. Das tat ich auch.

Nach 45 Minuten kam die junge Walmartmitarbeiterin zu mir und teilte mir mit, man hätte sie (nicht mich!) kontaktiert, um ihr mitzuteilen, dass der AAA es heute doch nicht mehr schaffen würde und erst morgen käme. Aha. Und nun?

Da stand ich nun. Immer noch keine Lösung, inzwischen 21 Uhr.

Kurzerhand und ohne zu zögern, bot die junge Walmartmitarbeiterin mir an, mich selbstverständlich zu meiner Unterkunft zu bringen! Großartig, oder?

Am nächsten Morgen kontaktierte ich dann wieder den Autoverleiher und schilderte das Geschehen. Dieser Mitarbeiter konnte es nicht fassen und schickte mir ganz selbstverständlich einen Kollegen, der mich abholen und mit mir gemeinsam zu meinem Auto fahren sollte. Gesagt, getan. Er wechselte den Reifen und tauschte ihn gegen ein Ersatzrad aus, fuhr mit mir zu einer Reifenwerkstatt und sorgte dafür, dass der Schaden behoben würde. Das wiederum sollte 1,5 – 2 Stunden dauern. Damit ich dort nicht so lange warten müsste, brachte er mich zurück zum Motel, wo ich in Ruhe und entspannt auf den Anruf der Werkstatt warten konnte. Als mich dieser erreichte, kam direkt der Gärtner meines Motelbesitzers auf mich zu und sagte, er würde mich rasch zu meinem Wagen bringen …

Ich fand das alles großartig und wusste nicht, wie mir geschah. Glauben Sie, dass das selbstverständlich ist? Wie wäre das in anderen Ländern gelaufen?

Insgesamt begegnen mir hier ausschließlich höfliche und zuvorkommende Amerikaner. Natürlich ist die Frage „how are you“ tendenziell oberflächlich. Aber fühlen Sie sich nicht auch willkommener, wenn Sie ein Geschäft betreten und freundlich nach Ihrem Befinden gefragt werden? Ihnen ohne Murren geholfen wird? Es ist mir egal, ob jemand das echt oder oberflächlich meint. Am Ende fühle ich mich wohler und meine Stimmung steigt.

Das ist mir deutlich lieber, als angegrummelt zu werden und mich als lästig zu fühlen, wenn ich eine Frage nach Produkten oder ähnlichem habe.

Egal, wo ich mich in Colorado aufhalte: im Motel, an der Tankstelle, im Supermarkt oder in der freien Natur – ich komme leichtgängig ins Gespräch, fühle ich gesehen und willkommen und das trägt zu einem großartigen Urlaubsempfinden bei.

Natürlich weiß ich – auch aus meiner Zeit in Kalifornien – , dass es in den USA viele Herausforderungen und Probleme gibt. Es ist erschreckend zu sehen, wie groß die Armut in vielen Landstrichen ist und mit welchen Schwierigkeiten sich viele Amerikaner auseinandersetzen müssen. Aber es ist eben auch nicht alles schlecht. Und wenn die Amerikaner sich vieles aus Deutschland für sich wünschen würden, so geht es mir umgekehrt an manchen Stellen genauso.

Ich würde mir wünschen, wir würden uns überall freundlich und respektvoll begegnen. Das wäre aus meiner Sicht ein erster wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Was denken Sie?

Go for it,

Ihre Krisenmanagerin

Wie bist Du zur Selbständigkeit gekommen? Anke Stein-Remmert

Immer wieder werde ich gefragt, was mich dazu veranlasst hat, meinen gut bezahlten, sicheren Job als angestellte Rechtsanwältin in einer Bank aufzugeben, um mich selbstständig zu machen. Viele meiner Gesprächspartner empfinden diesen Schritt als mutig.

Es überrascht wenig, wenn ich entgegne, dass ich die getätigte Kündigung gar nicht als mutig, sondern vielmehr als konsequent bezeichne. Aber wie kam es denn dazu?

Nun ja, sicher müsste ich weiter ausholen, um Gedankengänge und Sehnsüchte meinerseits nachvollziehbar zu machen, aber darum soll es in diesem Blogartikel nicht gehen und ich möchte auch nicht langweilen. Worum soll es dann hier gehen? Um den letztlichen Impuls, diesen Schritt während der Finanzkrise im Jahr 2008 zu vollziehen.

Natürlich wusste ich damals, dass ich gutes Geld in einer sicheren Anstellung verdiente und gleichzeitig hatte auch diese Medaille zwei Seiten: ich fühlte mich einfach nicht wohl. Weder war ich meinen persönlichen Stärken entsprechend eingesetzt noch passte ich mit meiner Persönlichkeit in die Welt der internen Bankenstrukturen.

Lange schon hatte ich überlegt, was eine Alternative sein könnte, aber mir fiel so gar nichts ein. Mir fehlte der Zugang zu meinen Ressourcen und vor allen Dingen Wünschen. Ich wusste nur, was ich nicht mehr wollte. Und so blieb ich.

Bis es dann passierte (Achtung – jetzt könnte es aus Ihrer Sicht abstrus werden ;-) ):

Kennen Sie das? Sie träumen nachts derart intensiv, dass Sie morgens aufwachen und nicht sicher wissen, ob es sich bei dem Erlebten um einen Traum oder die Realität gehandelt hat? Oder der Traum war derart intensiv, dass Sie die damit verbundenen Gefühle nicht einfach so abschütteln oder abduschen können? Genau so war es bei mir.

In meinem Traum rannte nachts eine Giraffe durch unser Wohnzimmer und rief mir zu „go for it, go for your goal“. Dabei war der Traum von einer derartigen Intensität, dass ich nach dem Aufwachen zwar wusste, dass die Giraffe niemals in Realität durch unser Wohnzimmer gerannt sein konnte. Gleichzeitig hatte sie mich aber mit ihren Worten komplett in ihren Bann gezogen und irgendetwas in mir getriggert.

Ich berichtete meinem Mann beim Frühstück von meinem Traum und er fragte mich, was ich denn nun zu tun gedenken würde. Meine Antwort sprudelte völlig enthusiastisch und unreflektiert aus mir heraus: „Ich werde noch heute bei der Bank kündigen!“. Gesagt, getan. Ich formulierte das Kündigungsschreiben und legte es meiner Vorgesetzten vor. Sie schaute mich entsetzt oder auch überrascht an und sagte sofort: „Das ist hoffentlich nicht das, was ich befürchte?“ Und ich antwortete: „Doch.“ Sie fragte mich, wie ich dazu käme und so berichtete ich ihr strahlend und völlig überzeugt von der Giraffe. Kopfschüttelnd meinte sie nur: „Sie sind ja verrückt. Na ja, Reisende soll man nicht aufhalten.“

Und so war ich am 2. Januar 2009 selbstständig.

Nun fragen Sie sich vielleicht, ob ich direkt wusste, womit ich mich selbstständig machen würde? Nein, das wusste ich zu dem Zeitpunkt noch nicht. Ich war mir nur sicher, dass es der logische und richtige Schritt sein musste und sich der Rest finden würde. Auf einmal hatte die Medaille für einen kurzen Moment nur noch eine Seite.

Es hat noch ein paar Monate gedauert. Ich befasste mich mit meinem USP, meinen Leidenschaftsthemen, fragte nach meinen Stärken und Fähigkeiten. Und heraus kam das Krisen- und Konfliktmanagement. Der Umgang mit schwierigen Situationen und/oder Personen. Voilà: Seither ist das mein Schwerpunkt und ich gehe darin auf, brenne dafür. Jeden Tag und jeden Moment.

Übrigens stellte ich rückblickend fest, dass die Giraffe in der Lehre der „Gewaltfreien Kommunikation“ nach Marshall Rosenberg das Symboltier für konfliktfreie Kommunikation ist. Das wusste ich vorher nicht. Und Giraffen hatten bislang auch keine Rolle in meinem Leben gespielt. Der Traum hielt also auch diesbezüglich eine Antwort für mich bereit.

Wofür erzähle ich das? Unser Unterbewusstsein, unsere unbewussten Prozesse, wissen mehr, als wir logisch denken und müssen nur gehört werden. Das kann man lernen. Und die Visualisierung – wie bei mir der Traum – öffnet sämtliche Türen zu ihnen.

Das ist auch der Grund, warum ich mir von einer kundenseitigen Gratifikation den – damals nannte ich es so – „Luxus“ gegönnt habe, den Traum von einer Malerin in meiner Lieblingsfarbe grün auf 1,5 mal 2 Meter Leinwand malen zu lassen. Dieses Kunstwerk hängt seither gegenüber von meinem Schreibtisch. Wann immer es in meinem Leben seitdem mal etwas holpriger wurde oder größere Entscheidungen anstanden, ertappte ich mich dabei, „gedankenverloren“ auf diese Leinwand zu starren, um zu einer Antwort oder einem Lösungsweg zu gelangen.

Und nun wissen Sie auch, warum ich Sie regelmäßig – und so auch hier und jetzt – mit folgenden Worten vollen Herzens verabschiede:

Go for it,

Ihre Krisenmanagerin